Hafner brauchen goldene Hände und kluge Köpfe

Bericht aus der Zeitschrift „feuer & flamme“ Ausgabe 2018/19

Sie sind geradezu der Inbegriff für Behaglichkeit. Das jedenfalls sagen 83 Prozent aller Österreicher über den Kachelofen. Nicht nur heute. Es gibt ihn ja schon seit hunderten von Jahren. Das Erfolgsgeheimnis des Kachelofens liegt in der formvollendeten Mischung aus Handwerkskunst, naturnahen Baumaterialien und dem Wechselspiel aus Wärmespeicherung und der gesunden Strahlung, die von den Kacheln in den Raum geschickt werden. So entsteht Wohlgefühl. Dazu gesellt sich die Optik. Jeder Kachelofen ist ein Unikat. Er entsteht aus einer Quersumme, die der Hafner aus den Vorstellungen der künftigen Besitzer, aus den wärmetechnischen Notwendigkeiten, aus räumlichen Vorgaben und den gesetzlichen Bestimmungen für Heizgeräte zieht.

Das muss man erst einmal drauf haben. Denn die vielen Komponenten wollen unter einen Hut gebracht werden. Das ist der unterschied zwischen dem Hafner und den meisten anderen Handwerkern die auch alle mit Geschick und Know-how ihre Werkstücke herstellen. Die „goldenen Hände“ alleine reichen beim Hafner aber nicht. Deshalb stellt die Ausbildung in diesem Beruf eine Herausforderung dar.

Eine Lehrzeit ohne Leerlauf

„Schon im ersten Lehrjahr haben wir mit technischen Zeichnen begonnen“ erzählt Matthias Loley, der heute als Geselle einer der besten Mitarbeiter von Hafnermeister Günther Wittek in Mistelbach ist. Der zeichnet sich allerdings durch einen besonderes intensives Ausbildungskonzept aus. Zwar steht auch bei Wittek die Material. Und Werkzeugkunde als wichtiges Element der Grundausbildung im Mittelpunkt. Er hält aber auch monatliche Zusatzseminare ab, in denen die jungen Leuchte Intensivkurse in Physik, Mathematik und technischem Zeichnen erlernen. Das Erfolgsgeheimnis definiert Wittek so: „Wer eine genaue Zeichnung eines Ofens auf Millimeterpapier hingelegt hat, wird in der Praxis sein Heizgerät genau so präzise aufbauen.“ Der Erfolg gibt ihm recht: In 22 Jahren selbstständiger Berufsstätigkeit hat der niederösterreichische Hafnermeister 20 Burschen und Mädchen ausgebildet, von denen drei inzwischen schon die eigene Meisterprüfung abgelegt haben.

Insgesamt gilt für Auszubildende in der Branche, dass sie in ihrer Lehrzeit zwar mit Hilfstätigkeiten wie Werkzeuge ordnen, Zuschneiden von Kacheln und Anrühren der Klebermasse beginnen. Schon im zweiten Lehrjahr arbeiten sie beim Aufbau von Kachelöfen mit und sind gegen Ende der Ausbildung in der Lage, Heizgeräte zu planen und komplett zu setzen.

Alte Zunft und High tech

Egal ob sich Kachelöfen im allseits bekannten Landhausstil präsentieren oder im modernen Design daherkommen: Man sieht ihnen nicht an, was da alles in ihnen steckt Denn außer dem handwerklichen Geschick und den kreativen Ideen für Farben, Formen und Gestaltungselementen muss der Hafner mit Mess-, Steuerungs- und Regelsystemen umgehen können. Denn unter der kacheligen Oberfläche verbirgt sich heutzutage modernste Heiztechnologie, der es zu verdanken ist, dass der Kachelofen das umweltfreundlichste Heizgerät ist.

Handwerkliches Geschick

Das komplizierte Innenleben aus Brennräumen, Belüftung und den sogenannten Zügen, die sowohl dem Abzug als auch der zusätzlichen Wärmegewinnung dienen, kann man nicht Pi mal Daumen berechnen. Da taucht gleich die nächste Herausforderung an die Qualifikation des Hafners auf: Er muss ausreichende IT-Kenntnisse haben, um mit Softwareanwendungen umgehen zu können.

Das gilt vor allem für das Berechnungsprogramm, mit dem ein Kachelofen, ein Kachelherd oder ein Heizkamin in allen Details demonstriert werden muss. Damit werden nicht nur die materialtechnischen Vorgaben für den Bau des Heizgerätes ermittelt, sondern eine gesetzliche Vorschrift für die Zulassung erfüllt. Der Hintergrund dafür ist Tatsache, dass jedes Hafnerprodukt ein Einzelstück ist. Es ist also nicht möglich, eine allgemeine Betriebsgenehmigung zu bekommen, indem man wie etwa bei einem Auto den Prototyp einer Serie technisch überprüfen lässt. Nun darf man aber kein Heizgerät betreiben, dass keine Zulassung hat. In Österreich kontrolliert das der Rauchfangkehrer. Wird nun zum Beispiel ein Kachelofen nach den Vorgaben des Berechnungsprogrammes gebaut, ist sichergestellt, dass er alle gesetzlichen Vorschriften hinsichtlich Wirkungsgrad und Emissionen erfüllt.

Heutzutage kommen Hafner also gar nicht darum herum, jeden Wärmespender in deiner Planungsphase durch den Computer zu jagen. Das muss er gründlich gelernt haben, denn die digitale Berechnungsarbeit erfordert rund 150 Eingaben und Klicks.

Der Hafner als Herr über das Chaos

Gähnende Leere – das ist die ursprüngliche Bedeutung des Wortes Chaos. Die steht tatsächlich am Beginn der Anschaffung eines Kachelofens. Da es dieses Heizgerät eben nicht „von der Stange“ gibt, entsteht es erst einmal als Idee. Hafner und künftige Besitzer halten ein Brainstorming ab. Es entsteht eine Skizze und eine Auflistung von Gegebenheiten wie Raumgröße, Wärmebedarf, vorhandene Isolierung, statische Voraussetzungen und der Kriterien für die Belüftung, die man nun einmal braucht, wenn eine Flamme brennen soll.

Die ursprüngliche Leere muss der Hafnermeister und mit künstlerischer Kreativität und technischem Wissen mit Leben erfüllen. Wenn das in der Planungsphase passiert, folgt nach dem theoretischen das praktische Chaos – diesmal in der geläufigeren Bedeutung der totalen Unordnung. Es entsteht nämlich eine Baustelle.

Viele Kachelofenbesitzer erinnern sich mit einem gewissen Schauern an diese rund 14 Tage, in denen ihr Ofen langsam Gestalt annahm. Jetzt ist die organisatorische und kaufmännische Seite des Hafners gefragt. Aufgrund seiner Berechnungen kennt er Anzahl und Umfang der benötigten Materialien und muss sie einkaufen und Sorge tragen, dass sie zusammen mit den ausführenden Kräften sozusagen „intime“ vor Ort sind.

Beispiel Kachelofen mit Umweltzeichen

Das war auch bei Sabine und Robert Zecha aus Velm-Götzendorf in Niederösterreich so. Die beiden sind ein gutes Beispiel für den Umfang der notwendigen Arbeit, weil ihr neuer Kachelofen durch die Wand gebaut wurde. Heute können sie im Wohnzimmer das Flammenspiel genießen und brauchen keine Angst zu haben, dass ihnen beim Verlassen des Raumes kalt wird. Denn ihr Heizgerät hat auch eine Abstrahlfläche im Flur. Bei der Einweihung ihres Kachelofens hab es ein Fest für Familie und Nachbarschaft, denn es war ein ganz besonderes Stück, das den Zechas von Hafnermeister Wittek in die gute Stube gestellt wurde.

Nah am Universalgenie

Wer also heute den Beruf des Hafners ergreift, braucht schon einmal von vorn herein ein hohes Maß an Kreativität und gestalterische Fähigkeiten. Dazu kommt ein gutes räumliches Vorstellungsvermögen und handwerkliches Geschick, sowie Bereitschaft zu geradezu lebenslangem Lernen. Hafner planen, bauen und warten Kachelöfen, Kachelherde, Heizkamine und offene Kamine sowie andere Feuerungsstätten wie Pizza-, Brotback- oder Grillöfen. Sie führen Wärmebedarfsberechnungen durch und erstellen sogar die heute bei Nachbauten und Hausverkäufen zwingend vorgeschriebenen Energie ausweise. Insgesamt kann man Günther Wittek nur zustimmen, wenn er über seinen Beruf zusammenfassend sagt: „Es ist ein seltener Beruf. Den hat nicht jeder, das macht nicht jeder und das kann auch nicht jeder. Ganz wichtig ist die Bedeutung für die Umwelt. Es gib derzeit kein Heizgerät, das umweltfreundlicher ist als der Kachelofen.“